Webapp-Entwicklung Kosten 2025: Was kostet maßgeschneiderte Software?

“Was kostet eine Webapp?” Diese Frage ist wie “Was kostet ein Auto?”. Die Antwort reicht von 5.000 Euro (gebrauchter Kleinwagen) bis 500.000 Euro (Maybach). Der Unterschied: Bei Software sieht man von außen nicht, ob man einen Kleinwagen oder einen Maybach bekommt.

In 7 von 10 Projekten, die ich übernehme, lag das erste Angebot mehr als 30% daneben - weil 80% der Arbeit unsichtbar ist (Security, Tests, Deployment, Error-Handling, Dokumentation…).

Nach 15+ Jahren Webapp-Entwicklung zeige ich Ihnen, wie Sie realistische Budgets planen, versteckte Kosten erkennen und nicht auf Lockangebote hereinfallen.

Schnellnavigation: Ihre Cheat-Sheets

Gesamtbudget = Entwicklung x 1,25 + Jahr-1-Kosten

Beispiel: 40.000 Euro Entwicklung
= 40.000 x 1,25 + 3.600 Euro (Infra + Wartung)
= 53.600 Euro realistisches Jahr-1-Budget

Executive Summary: Preistabelle 2025

Warum Kostenangaben so schwierig sind

Das Eisberg-Problem

Was Sie sehen: Login, Dashboard, ein paar Formulare. Was darunter liegt: 80% der Arbeit.

        ┌─────────────────────┐
        │   Sichtbare UI      │  20% der Arbeit
        │   (Login, Forms)    │
────────┴─────────────────────┴────────── Wasseroberfläche
        │                     │
        │   Security          │
        │   Validierung       │
        │   Error-Handling    │
        │   Logging           │  80% der Arbeit
        │   Backup/Recovery   │
        │   Performance       │
        │   Testing           │
        │   Deployment        │
        │   Dokumentation     │
        └─────────────────────┘

Merksatz: Was Sie sehen, ist 20%. Was Sie bezahlen, sind 100%.

Die Anforderungs-Explosion

Woche 1: “Wir brauchen ein einfaches Dashboard.” Woche 4: “Können wir noch schnell Export als PDF?” Woche 8: “Der Chef will die Daten auch auf dem Handy sehen.” Woche 12: “Eigentlich brauchen wir auch Berechtigungen pro Abteilung.”

Merksatz: Ohne Change-Prozess = 30-50% teurer.

Kostenrechner

Basis:          50.000 Euro
+ SAP-Anbindung: 6.000 Euro
+ DSGVO (10%):   5.600 Euro
= Bandbreite:   61.600 Euro

Mit 25% Puffer: 77.000 Euro
Jahr-1 gesamt:  77.000 + 3.600 (Infra) = 80.600 Euro

Die Kalkulations-Formel

Grundformel für Webapp-Kosten

Gesamtkosten = (Entwicklungsstunden x Stundensatz)
             + Infrastruktur
             + Projektmanagement
             + Puffer (risiko-abhängig)

Stundensätze 2025 (Deutschland)

Merksatz: Billiger Stundensatz x mehr Stunden = gleiche oder höhere Kosten.

Puffer-Leitfaden: Wann welcher Puffer?

Merksatz: Puffer ist keine Gewinnmarge - Puffer ist Realismus.

Change-Request-Realität: Was “kleine Wünsche” wirklich kosten

Merksatz: “Nur mal schnell” gibt es in der Softwareentwicklung nicht.

Kostentreiber im Detail

1. Komplexität der Geschäftslogik

// Einfach: 2 Stunden
public function getKunden(): array {
    return $this->db->query("SELECT * FROM kunden")->fetchAll();
}

// Mittel: 8 Stunden
public function getKundenMitUmsatz(int $jahr): array {
    // Joins, Aggregationen, Berechtigungsprüfung
}

// Komplex: 40+ Stunden
public function berechneKreditwuerdigkeit(int $kundenId): array {
    // Scoring-Algorithmus, externe APIs, Regelwerk
}

Merksatz: Komplexe Logik sieht einfach aus, kostet aber 10x mehr.

2. Integrationen

Merksatz: Jede Integration verdoppelt die Risiken.

3. User-Management

Merksatz: “Einfach nur Login” ist selten einfach.

4. Datenvolumen und Performance

Merksatz: Performance-Probleme zeigen sich erst nach Go-Live - und kosten dann doppelt.

Infrastruktur-Pakete

Merksatz: Lean reicht für interne Tools, Standard für Kundenportale, Pro für Business-Critical.

Versteckte Kosten, die niemand erwähnt

1. Änderungswünsche während der Entwicklung

Realität: 30 bis 50% Mehrkosten durch Scope-Änderungen

Merksatz: Änderungen sind normal - aber sie kosten. Planen Sie dafür.

2. Wartung nach Go-Live

Faustregel: 15 bis 20% der Entwicklungskosten pro Jahr für Wartung.

Merksatz: Wartung ist keine Option - sie ist Pflicht.

3. Schulung und Change Management

Merksatz: Die beste Software hilft nichts, wenn niemand sie benutzen kann.

Preisbeispiele aus der Praxis

Beispiel 1: Reporting-Dashboard (22.000 Euro)

Kunde: Mittelständischer Händler Anforderung: Umsatz-Dashboard mit Echtzeit-Daten aus ERP

Timeline: 8 Wochen

Beispiel 2: Mitarbeiterportal (85.000 Euro)

Kunde: Dienstleister mit 800 Mitarbeitern Anforderung: Zeiterfassung, Urlaubsanträge, Führerscheinkontrolle, News

Timeline: 16 Wochen

Beispiel 3: Controlling-System (165.000 Euro)

Kunde: Konzern mit 15 Gesellschaften Anforderung: Konzern-Controlling mit Planung, Forecasting, Konsolidierung

Timeline: 24 Wochen

Wie Sie Budget sparen (ohne Qualität zu opfern)

1. MVP-Ansatz: Erst klein, dann wachsen

class MvpStrategie {
    public function phase1(): array {
        // 30% des Budgets
        return [
            'fokus' => 'Kernfunktion, die Wert liefert',
            'beispiel' => 'Nur Zeiterfassung, ohne Urlaubsmodul',
            'kosten' => '25.000 Euro statt 85.000 Euro',
            'dauer' => '8 Wochen statt 16 Wochen',
        ];
    }

    public function phase2(): array {
        // Nach 3-6 Monaten Nutzung
        return [
            'fokus' => 'Features basierend auf echtem Feedback',
            'vorteil' => 'Sie wissen jetzt, was wirklich gebraucht wird',
        ];
    }
}

Ersparnis: 20 bis 40% durch Vermeidung unnötiger Features

Merksatz: MVP heisst: Was ist das Minimum, das Wert liefert?

2. Standard-UI statt Custom Design

Ersparnis: 10.000 bis 25.000 Euro

Merksatz: Für interne Tools braucht niemand Custom Design.

3. Klarer Scope von Anfang an

Tipp: Investieren Sie 5.000 bis 10.000 Euro in eine saubere Konzeptphase. Das spart 20.000 bis 50.000 Euro in der Entwicklung.

Merksatz: 1 Euro in Konzeption spart 5 Euro in Entwicklung.

4. Priorisierung mit MoSCoW

Beispiel: Von 85.000 Euro auf 55.000 Euro durch Verzicht auf “Could”-Features.

Merksatz: MoSCoW trennt “brauchen” von “wollen”.

Warnsignale bei Angeboten

Red Flag 1: Festpreis ohne Analyse

“Wir machen das für 20.000 Euro Festpreis.”

Problem: Ohne Ihre Anforderungen zu kennen, ist jeder Festpreis geraten. Entweder:

• Zu niedrig: Qualität leidet, oder Nachforderungen kommen
• Zu hoch: Sie zahlen für Puffer, den der Anbieter einplant

Red Flag 2: Deutlich unter Marktpreis

Markt sagt 40.000 Euro, Angebot sagt 15.000 Euro.

Mögliche Gründe:

• Junior-Entwickler oder Offshore (oft ohne Ihr Wissen)
• Wichtige Teile fehlen im Angebot
• Lockangebot, Nachforderungen kommen
• Anbieter versteht Anforderungen nicht

Red Flag 3: Keine Fragen

Anbieter macht Angebot ohne Rückfragen.

Problem: Wer nicht fragt, versteht nicht. Wer nicht versteht, liefert nicht.

Green Flag: Transparente Kalkulation

Gute Anbieter zeigen:

• Stundensätze
• Aufwandsschätzung pro Modul
• Annahmen und Risiken
• Was NICHT enthalten ist

Merksatz: Gute Anbieter haben mehr Fragen als Antworten.

Checkliste: Budget-Planung

Vor dem Projekt

• Anforderungen dokumentiert (mindestens grob)
• Must/Should/Could priorisiert
• 3 Angebote eingeholt und verglichen
• Referenzen geprüft
• Puffer eingeplant (min. 20%, siehe Puffer-Leitfaden)
• Laufende Kosten berücksichtigt
• Change-Request-Prozess definiert

Im Angebot prüfen

• Stundensatz transparent?
• Aufwand pro Modul aufgeschlüsselt?
• Was ist enthalten, was nicht?
• Wie werden Änderungen behandelt?
• Wer entwickelt tatsächlich?
• Wie sieht der Support nach Go-Live aus?

Budget-Formel

Entwicklungsbudget = Angebot x 1,25 (Puffer)
Jahresbudget Jahr 1 = Entwicklung + Infrastruktur + Schulung
Jahresbudget ab Jahr 2 = Wartung + Infrastruktur + Weiterentwicklung

Fazit: Qualität hat ihren Preis

Eine gute Webapp kostet Geld. Aber eine schlechte Webapp kostet mehr: in Nachbesserungen, verlorener Zeit und Frust.

Meine Empfehlung:

Die wichtigste Erkenntnis: Der günstigste Anbieter ist selten der günstigste. Rechnen Sie Nachbesserungen, Verzögerungen und Ihre eigene Zeit mit ein.

Merksatz: Billig kaufen heisst zweimal kaufen.